Neue Größenklassen des § 267 HGB nach dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BiLRUG)

Wegfall der Jahresabschluss-Prüfungspflicht für ehemals mittelgroße Kapitalgesellschaften

Das als Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vorliegende Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) setzt die Vorgaben der EU-Richtlinie 34/2013 in nationales Recht um (spätester Umsetzungszeitpunkt ist der 20.7.2015).
Neben weiteren gesetzlichen Änderungen werden insbesondere die Rechnungslegungsvorschriften des HGB umfassend reformiert; insbesondere werden die Größenklassen des § 267 HGB deutlich angehoben. Für mittelständische Kapital- und Co.-Gesellschaften mit einer Bilanzsumme von rd. 5 Mio. Euro und einem Jahresumsatz von rd. 10 Mio. Euro (bei unverändert bis zu 50 Arbeitnehmern) können sich hierdurch erhebliche (administrative) Erleichterungen dadurch ergeben, dass diese Gesellschaften bereits ab dem Geschäftsjahr 2014 nicht mehr zur Prüfung Ihres Jahresabschlusses verpflichtet sein werden.

Hintergrund:
Das BilRUG sieht vor, die Größenklassen des § 267 HGB an der Grenze zwischen kleinen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften wie folgt anzuheben: Bilanzsumme von bisher 4,84 Mio. Euro auf nunmehr 6,0 Mio. Euro, Umsatzerlöse von bislang 9,68 Mio. Euro auf nunmehr 12,0 Mio. Euro, die Arbeitnehmeranzahl soll unverändert bei 50 Arbeitnehmern bestehen bleiben.
Während die meisten Neuregelungen des BilRUG erst auf Geschäftsjahre anzuwenden sein sollen, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen, soll die Anhebung der Größenklassen des § 267 HGB zwingend bereits auf die Geschäftsjahre 2014 bzw. 2014/2015 anzuwenden sein. Die neuen Größenklassen sollen also – auch wenn das BilRUG noch nicht verabschiedet worden ist – bereits bei der jetzt anstehenden Beauftragung der Jahresabschlussprüfung für das Geschäftsjahr 2014 Anwendung finden.
Bezogen auf das Geschäftsjahr 2013 waren zur Prüfung der Größenmerkmale die Zahlen der Geschäftsjahre 2013 und 2012 maßgeblich – und zwar für beide Geschäftsjahre die alten Größenkriterien. Bezogen auf das Geschäftsjahr 2014 sind zur Prüfung der Größenmerkmale die Zahlen der Geschäftsjahre 2014 und 2013 maßgeblich – und zwar sollen dies für beide Geschäftsjahre die neuen Größenkriterien sein.
Eine Kapitalgesellschaft mit relativ konstanten Jahreszahlen von rd. 5,5 Mio. Euro Bilanzsumme und mit rd. 10,5 Mio. Euro Jahresumsatz war in der Vergangenheit (bis einschließlich Geschäftsjahr 2013) als mittelgroß einzustufen und daher hinsichtlich ihres Jahresabschlusses prüfungspflichtig. Mit Wirkung ab Geschäftsjahr 2014 ist dieselbe Kapitalgesellschaft als klein einzustufen und damit hinsichtlich ihres Jahresabschlusses nicht mehr prüfungspflichtig (Sie könnte natürlich überlegen, ihren Jahresabschluss freiwillig prüfen zu lassen.).

Das BilRUG ist als Gesetz noch nicht verabschiedet worden. Da es aber lediglich EU-Vorgaben in nationales Recht umsetzen wird (und demzufolge relativ frei von sonst üblichen gesetzgeberischen Debatten sein wird), ist damit zu rechnen, dass die Verabschiedung des Gesetzes auch in dem im Entwurf skizzierten Rahmen stattfinden wird – notfalls Anfang 2015 mit dann entsprechender Rückwirkung hinsichtlich der Vorschriften, die bereits für das Geschäftsjahr 2014 anzuwenden sind.

Bei der zur Zeit anstehenden Beauftragung des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2014 sollten also die neuen Größenkriterien des § 267 HGB ins Kalkül einbezogen werden.

Zur Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten

Die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden wurde vom immobilienwirtschaftlichen Fachausschuss des IDW überarbeitet.

Ziel ist die Definition festzulegen, wann ein Gebäude aufgrund baulicher Maßnah­men als in bautechnischer Hinsicht neu anzusehen ist (aktivierungspflichtig) bzw. wann reine aufwandsbezogene Erhaltungsaufwendungen gegeben sind.

I. Nach § 255 Absatz 2 Satz 1 HGB sind Aufwendungen als Herstellungskosten zu aktivieren, wenn eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

1.Herstellung eines Vermögensgegenstandes
2.Erweiterung eines Vermögensgegenstandes
3.Wesentliche Verbesserung eines Vermögensgegenstandes, die über dessen ursprünglichen Zustand hinausgeht
Zu 1.: Herstellung eines Vermögensgegenstandes

Die Definition der Herstellung eines Vermögensgegenstandes erfährt eine Überarbeitung: Hiernach ist eine Herstellung bereits dann gegeben, wenn das Gebäude gänzlich oder in seiner bisherigen Funktion unbrauchbar geworden ist und durch die vorgenommenen Maßnahmen unter Verwendung der noch nutz­baren Teile ein neues Gebäude hergestellt wird.

Hierbei muss das Gebäude nach Abschluss der Maßnahme in bautechnischer Hinsicht als neu anzusehen sein. Hierfür müssen die verschlissenen Teile er­setzt werden, die für die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmend sind. Anders als in der vorherigen Diskussion ist eine Unterscheidung zwischen wirt­schaftlichen und technischem Vollverschleiß nicht mehr gegeben.

Zu 2.: Erweiterung des Vermögensgegenstandes

Eine Erweiterung des Vermögensgegenstandes liegt vor, wenn die baulichen Maßnahmen dazu dienen, das Gebäude in seiner Substanz zu vermehren, d. h. eine Aufstockung, ein Anbau oder eine sonstige Vergrößerung vorgenommen wird.

Werden allerdings selbständig verwertbare Anlagen errichtet, wie beispiels­weise Aufdachsolaranlagen oder Blockheizkraftwerke, sind diese als eigen­ständige Vermögensgegenstände unabhängig vom Gebäude zu behandeln, insbesondere wenn solche Anlagen so dimensioniert sind, dass auch weitere Gebäude mit Wärme bzw. Energie versorgt werden können.

Zu 3.: Wesentliche Verbesserung eines Vermögensgegenstandes, die über dessen ursprüng­lichen Zustand hinausgeht

Komplexer stellt sich die wesentliche Verbesserung über den ursprüng­lichen Zustand hinaus dar. Zunächst ist zu definieren, was der ursprüngliche Zustand im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB ist. Dieses ist der Zustand des Gebäudes zu dem Zeitpunkt, in dem der Eigentümer das Gebäude in sein Vermögen aufgenommen hat, grundsätzlich zum Zeitpunkt der Herstellung oder der Anschaffung, ggf. nach nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungs­kosten.

Eine wesentliche Verbesserung ist somit gegeben, wenn über eine zeitgemäße Substanz erhaltene Erneuerung hinaus die Gebrauchsmöglichkeit des Gebäu­des (Nutzungspotential im Ganzen) deutlich erhöht wird.

3.1. Insbesondere ist eine Erhöhung der Gebrauchsmöglichkeit gegeben, wenn eine wesentliche Verlängerung der Nutzungsdauer des Gebäudes erfolgt. Dabei sind sowohl technische als auch wirtschaftliche Faktoren zu beachten. Aller­dings erfolgt eine solche Nutzungsdauerverlängerung nicht bereits dadurch, dass Erhaltungsaufwendungen in ungewöhnlicher Höhe zusammengeballt anfallen. In der Regel werden solche wesentlichen Verbesserungen nur dann eintreten, wenn die für die Nutzbarkeit maßgebende mutmaßliche Haltbarkeits­dauer der Bausubstanz in ihrer Gesamtheit dieses gewährleistet.

3.2. Auch die Gebäudequalität kann durch bauliche Maßnahmen ebenso deutlich erhöht werden. Hiermit verbunden sollte regelmäßig ein wesentlicher Anstieg der erzielbaren Miete verbunden sein. Nicht gemeint ist hierbei allerdings eine zeitgemäße Herrichtung der Mietsache zum Ausgleich von technischem Fort­schritt und Veränderungen der Lebensgewohnheiten. Notwendig ist eine An­hebung des Standards der Gebäudequalität. Hier müssen mindestens drei der zentralen Bereiche der Ausstattung (Heizung, Sanitärausstattung, Elektroinstal­lation/Informationstechnik, Fenster- und Wärmedämmung) Anhebungen vorge­nommen werden.

In Grenzfällen kann bereits durch neue Bestandteile, die neben der bisherigen Funktion noch zusätzliche Funktionen erlauben, die Gebäudequalitäten deutlich erhöht werden.

Die neuen Grundsätze des IDW folgen im Wesentlichen früher formulierten Grundsätzen der Finanzverwaltung.

II. Der IDW folgt den Grundsätzen der Finanzverwaltung auch bei der Festlegung von sog. „anschaffungsnahen Herstellungskosten“. Diese treten auf, wenn auf­grund des engen zeitlichen Zusammenhangs mit der Anschaffung bauliche Maßnahmen das Gebäude über seinen Erwerb gegebenen Zustand hinaus wesentlich verbessern. Ein Indiz ist hierfür dann gegeben, wenn der Bau­aufwand im Verhältnis zum Kaufpreis in einem ungewöhnlichen Verhältnis liegt.

III. Bei verschiedenen baulichen Maßnahmen muss ggf. geprüft werden, ob die zu­sammenfassende Betrachtung geboten ist. Greifen diese Maßnahmen derge­stalt ineinander, dass dieses sich bautechnisch bedingt, muss das Ergebnis der Maßnahmen auch als Ganzes betrachtet werden.

IV. Hinweis:

War Ziel der baulichen Maßnahmen eine wesentliche Verbesserung, stellt sich aber heraus, dass diese wesentliche Verbesserung aber nicht eingetreten ist, muss geprüft werden, ob die vorgenommenen Aktivierungen nicht im Zuge einer außerplanmäßigen Abschreibung zum Ausgleich der dauernden Wert­minderung vorzunehmen sind.

Siehe hierzu auch IDW RS IFA 1 vom 25.11.2013.